Plötzlich Pflegefall in der Familie - was tun?

Geschrieben von Marion Neumann Marion Neumann
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Oft tritt ein Pflegefall sehr unerwartet ein. Dies kann durch Erkrankungen wie Schlaganfälle oder durch Unfälle wie einen Treppensturz passieren. Manchmal verschlechtert sich aber auch einfach nur der Gesundheitszustand eines älteren Menschen so drastisch, dass die Wohn- und Pflegesituation neu überdacht und gegebenenfalls angepasst oder eventuell auch grundlegend verändert werden muss. Daher haben wir in der folgenden Übersicht alle Hilfen zusammengestellt, die Angehörige von plötzlich pflegebedürftigen Familienmitgliedern in Anspruch nehmen können.

Plötzlich Pflegefall in der Familie - was tun?

1. Pflegegrad beantragen oder erhöhen

Um überhaupt Leistungen von der Pflegekasse erhalten zu können, ist es Voraussetzung, dass eine Einstufung der pflegebedürftigen Person in einen Pflegegrad vorgenommen wird. Dafür muss ein Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden. Dann erfolgt ein Besuch des Medizinischen Dienstes (MD), der eine Begutachtung als Grundlage für die Einstufung vornimmt. Darauf sollten Sie sich gut vorbereiten z. B. mit einem Pflegegradrechner und auf jeden Fall ehrlich Auskunft geben. Besteht bereits ein Pflegegrad, muss dieser gegebenenfalls bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustands angepasst werden, d.h. es muss in so einem Fall ein Antrag auf Erhöhung gestellt werden. Manche Leistungen der Pflegekasse werden pflegegradunabhängig gewährt, andere sind abhängig von der Höhe des Pflegegrads. Daher ist eine Anpassung immer wichtig.

2. Freistellung im Job mit Pflegeunterstützungsgeld für 10 Tage pro Kalenderjahr

Tritt plötzlich ein Pflegefall in der Familie ein, muss meistens sofort jemand vor Ort sein, um sich um die pflegebedürftige Person zu kümmern. Darüberhinaus muss natürlich auch die Pflege für die Zukunft organisiert werden. Dazu gehören die Pflegegradbeantragung oder -erhöhung genauso wie Anfragen bei Pflegeheimen/betreutem Wohnen oder die Organisation eines Pflegedienstes. Für berufstätige Angehörige stellt dies natürlich eine zeitliche Herausforderung dar. Arbeitnehmer können sich daher seit 2024 pro Kalenderjahr 10 Tage für die Pflege eines Angehörigen freistellen lassen und erhalten dafür Pflegeunterstützungsgeld.

3. Pflegeberatung in Anspruch nehmen

Als Laie ist der Einstieg in das Thema Pflege in den meisten Fällen nicht einfach. Es gibt zwar viele Förderungen und Zuschüsse sowie Unterstützungsangebote anderer Art, aber man muss dafür die entsprechenden Informationen vorliegen haben und die ein oder andere bürokratische Hürde nehmen. Die Pflegekassen bieten dafür eine Pflegeberatung an. Informationen zu allen Leistungsansprüchen und zur Vorgehensweise für die entsprechenden Beantragungen werden in der Beratung der Pflegekasse zur Verfügung gestellt.

4. Schulungen wahrnehmen

Neben der Pflegeberatung bieten die Pflegekassen auch Pflegeschulungen und -kurse an. Diese sind für pflegende Angehörige kostenlos und können auch in der häuslichen Umgebung der pflegebedürftigen Person durchgeführt werden. Inhalte sind alle Themen rund um die Pflege, wie zum Beispiel Pflegetechniken, Hilfsmittel oder auch rechtliche Hintergründe. Auch der Kontakt zu Selbsthilfegruppen, in denen sich Betroffene austauschen können, kann hergestellt werden. Dies dient nicht nur dem Erfahrungsaustausch und der emotionalen Unterstützung, sondern oft können hier auch wertvolle Ratschläge und Tipps weitergegeben werden.

5. Entscheidung Pflege zuhause oder Umzug ins Pflegeheim

Häufig steht man als Angehöriger bei Verschlechterung des Gesundheitszustands der pflegebedürftigen Person vor der Frage, ob eine Pflege zuhause oder ein Umzug ins Pflegeheim die bessere Lösung darstellt. Pflegeheimplätze oder Plätze im betreuten Wohnen sind meistens nur nach einer Aufnahme auf eine Warteliste zu bekommen und somit mit Wartezeiten verbunden. Manchmal gibt es aber auch die Möglichkeit, direkt im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt eine Reha-Maßnahme oder eine vorübergehende Aufnahme in einer geriatrischen Abteilung eines Krankenhauses zu erhalten. Für die Pflege zuhause stehen Pflegedienste vor Ort oder auch Agenturen für 24-Stunden-Betreuungskräfte zur Verfügung. Auch eine stundenweise Seniorenbetreuung ist eine Alternative zum Umzug. Welche Alternative die beste ist, lässt sich nur im Einzelfall entscheiden. Hier spielt nicht nur der aktuelle ärztliche Befund eine Rolle, sondern auch der finanzielle Aspekt.

6. Zuhause barrierefrei gestalten

Ist die Entscheidung für eine Pflege zuhause gefallen, müssen meistens entsprechende Anpassungen in der Wohnsituation vorgenommen werden. Barrierefreier Umbau wird von der Pflegekasse schon ab Pflegegrad 1 mit einem Zuschuss von bis zu 4.000,- Euro gefördert. Dieser Zuschuss kann für alle sogenannten wohnumfeldverbessernden Maßnahmen in Anspruch genommen werden. Dazu zählen zum Beispiel ein Badumbau, ein Badewannenlift und auch ein Treppenlift. Der Zuschuss muss schriftlich bei der Kasse beantragt werden und vor Durchführung der Maßnahme bewilligt sein.

7. Hilfsmittel beantragen

Weitere Unterstützungsmöglichkeiten bieten die Pflege- und Krankenkassen über die Bezusschussung oder komplette Kostenübernahme von Hilfs- und Pflegehilfsmitteln. Handelt es sich um ein reines Hilfsmittel, das eine entsprechende Nummer im Hilfsmittelkatalog erhalten hat, wie zum Beispiel ein Elektrorollstuhl oder Pflegebett, kann dies nach Vorlage eines Rezepts vom Arzt über einen passenden Anbieter oder direkt von der Kasse oft vollkommen zuzahlungsfrei bezogen werden. Es fallen lediglich Rezeptgebühren an. Pflegehilfsmittel können dagegen nur bezuschusst werden, wenn auch ein Pflegegrad vorliegt. Für eine Pflegebox (Desinfektionsmittel, Handschuhe, etc. nach individuellen Erfordernissen) stellen die Pflegekassen monatlich einen Betrag von 40,- Euro zur Verfügung. Auch ein Hausnotrufsystem kann bei Vorliegen eines Pflegegrades unter bestimmten Voraussetzungen kostenlos bereitgestellt werden.

Geschrieben von:
Marion Neumann

Marion Neumann

Dpl. Ökonomin und Autorin

Marion Neumann hat über viele Jahre Expertenwissen im Bereich Treppenlift und Pflege aufgebaut und verfasst Artikel zu verschiedenen Fragestellungen, die für Senioren oder andere Pflegebedürftige und deren Angehörige von Interesse sind.

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